Frühe Eisenbahnen in Britannien
Die erste öffentliche Eisenbahn und ihre Vorläufer
von Derek A Bayliss
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   George Stephenson wird im allgemeinen und ganz richtig als der Vater der Eisenbahn bezeichnet. Die zwei Eisenbahnen, mit denen man seinen Namen verbindet, die Stockton und Darlington-Eisenbahn von 1825 und die Liverpool und Manchester-Eisenbahn von 1830 waren Vorbild für die späteren Eisenbahnen in der ganzen Welt. Stephenson und seine Mitarbeiter benutzten auf diesen beiden Eisenbahnen Dampflokomotiven (1802-04 von Richard Trevithick erfunden, aber von Stephenson und anderen stark verbessert), um Fahrzeuge zu ziehen, die mit Spurkranzrädern auf Schienen liefen (erstmalig 200 Jahre zuvor eingeführt), und boten so einen öffentlichen Dienst zur Beförderung von Reisenden und Gütern an. Früheren Eisenbahnen fehlten eines oder mehrere dieser Merkmale. Sogar auf der Stockton und Darlington-Eisenbahn wurde die Personenbeförderung zuerst von privaten Unternehmern mittels Pferdetraktion durchgeführt, nicht jedoch von der Eisenbahn-Gesellschaft selber.

    Wichtige Meilensteine in der Geschichte der Eisenbahn hatte es aber schon vor 1825 gegeben. Das 175-jährige Jubiläum eines von ihnen - die Eröffnung der ersten öffentlichen Eisenbahn im Jahre 1803 - ist 1978 feierlich begangen worden. Dieser Aufsatz umreißt die Entwicklung der Eisenbahnen vor 1803 und erzählt die Geschichte der Surrey Iron Railway, die überhaupt die erste öffentliche Eisenbahn war.

    Im späten Mittelalter benutzten Erzbergwerke in Deutschland und Mitteleuropa sogenannte Leitnagelhunde, um das Erz aus dem Bergwerk herauszuschaffen. Diese Hunde hatten spurkranzlose Räder, die auf parallel angeordneten Brettern liefen und von einem Leitnagel geführt wurden, der in einer Nut zwischen beiden Brettern eintauchte. Deutsche Bergleute brachten sie im sechzehnten Jahrhundert nach England, wo sie jedoch keine weite Verbreitung fanden. Zu jener Zeit benutzten einige wenige mitteleuropäische Bergwerke andere Arten von Hunden, zwar noch mit spurkranzlosen Rädern, die aber entweder mit Flanschen an den Außen- oder

linie.gif (841 Byte) Innenkanten der Schienen oder, bei horizontalen Führungsrädern, an der inneren Oberfläche der Schiene ausgerüstet waren. Alle diese Bauformen waren bis zum 19. Jahrhundert immer noch in Gebrauch, aber sie scheinen auf die Entwicklung der modernen Eisenbahnen keinen Einfluß gehabt zu haben. In einigen siebenbürgener Bergwerken sind kleine hölzerne Loren mit Spurkranzrädern gefunden worden, die auf primitiven hölzernen Schienen liefen. Man hat sie dem 16. Jahrhundert zugeschrieben, aber es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß sie auch nur etwas älter als das späte 18. Jahrhundert sind.

Eine Eisenbahnbrücke aus dem Jahre 1727: Causey Arch südwestlich von Newcastleupon-Tyne.
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Eine Eisenbahnbrücke aus dem Jahre 1727:
Causey Arch südwestlich von Newcastleupon-Tyne.
Aquarell von J. Atkinson aus dem Jahre 1804. (Foto: Science Museum, London).

   Die meisten dieser Wagen waren sehr klein und zum Gebrauch im beschränkten Raum untertage bestimmt. Die Kombination von Rädern mit Spurkränzen, flanschlosen hölzernen Schienen und größeren Loren, mit denen ein Pferd auch übertage eine lohnende Ladung über eine gewisse Entfernung ziehen konnte, scheint in England erfunden worden zu sein, um Kohle von den Gruben an die Straßen oder, was häufiger war, an die Flüsse zu befördern. Die erste Eisenbahn, von der wir wissen, wurde von einer Kohlengrube bei Strelley zu einer Straße bei Wollaton außerhalb von Nottingham gebaut, wahrscheinlich 1603 oder 1604. Hinter der Unternehmung stand Huntington Beaumont, der jüngere Sohn eines lokalen Berwerkseigentümers.